{"id":135,"date":"2008-09-11T18:40:06","date_gmt":"2008-09-11T16:40:06","guid":{"rendered":"http:\/\/unterwegsimnamendesherrn.de\/?p=135"},"modified":"2009-02-09T19:43:47","modified_gmt":"2009-02-09T17:43:47","slug":"wissenschaft","status":"publish","type":"post","link":"http:\/\/unterwegsimnamendesherrn.de\/?p=135","title":{"rendered":"Wissenschaft…"},"content":{"rendered":"
..hat so ihre T\u00fccken.<\/p>\n
Da man als Wissenschaft betreibende Person stehts danach bemessen wird, was und vor allem wo man publiziert (Stichwort:\u00a0Impact factor<\/a>), werden nat\u00fcrlich auch relativ viel qualitativ minderwertige Manuskripte eingereicht und irgendwann auch ver\u00f6ffentlicht.\u00a0Mit qualitativ minderwertig meine ich nicht sprachlich oder von der Idee her (obwohl das auch vorkommt), sondern ich meine das wirklich wissenschaftlich.<\/p>\n Ein Beispiel daf\u00fcr, dass mir zuletzt in die H\u00e4nde fiel, ist ein Paper erschienen in Archives of Environmental Contamination and Toxicology, einem Journal, das sich vornehmlich Schwermetallbelastungen und anthropogenen Verbindungen in der Umwelt widmet.\u00a0Dort haben zuletzt Kollegen ein Paper publiziert, dass es in sich zu haben scheint.<\/p>\n Der Titel:\u00a0„Effects of Activated Bt Transgene Products (Cry1Ab, Cry3Bb) on Immature Stages of the Ladybird Adalia bipunctata in Laboratory Ecotoxicity Testing<\/a>“<\/p>\n „Hossa!“ sagt man da als in diesem Bereich seit einigen Jahren t\u00e4tiger Wissenschaftler. Haben da Kollegen tats\u00e4chlich in reproduzierbaren, kontrollierten Laborexperimenten einen Beweis daf\u00fcr gefunden, dass \u00a0ein bei uns h\u00e4ufiger Marienk\u00e4fer (der Zweipunkt<\/a>) von den beiden Bt-Proteinen Cry1Ab und Cry3Bb1 gesch\u00e4digt wird?\u00a0Liest man das Paper durch, wird man allerdings entt\u00e4uscht, denn es tuen sich eine Reihe von M\u00e4ngeln auf:<\/p>\n 1. Die Konzentration der verwendeten Bt-Protein L\u00f6sungen wurde nicht wirklich gepr\u00fcft, sondern sich darauf verlassen, dass man von anderen Kollegen das bekam, was man wollte. Es wurde lediglich qualitativ gepr\u00fcft (also ob die Proteine \u00fcberhaupt drin sind), aber nicht quantitativ, also wieviel wirklich drin ist. Das ist nat\u00fcrlich ein himmelweiter Unterschied.<\/p>\n Aber ignorieren wir das mal und gehen davon aus, dass die angegebenen Konzentrationen stimmen.<\/p>\n 2. Sie haben die L\u00f6sung der Bt-Proteine auf die zur Nahrung angebotenen Insekteneier aufgespr\u00fcht, schreiben aber nicht wieviel der L\u00f6sung dabei verwendet wurde. Das ist so ziemlich der gravierendste Fehler in dieser Studie.<\/p>\n Denn so kann man a) weder das Experiment wiederholen, was gerade bei Laborexperimenten total wichtig ist (bei Freilandversuchen, wie wir sie betreiben, ist das ja ohnehin nicht m\u00f6glich), und man zudem b) keine Dosis-Effekt-Beziehung aufstellen.<\/p>\n Das heisst: da man nicht weiss, welcher K\u00e4fer nun wieviel von dem Bt-Protein zu sich genommen hat, kann man auch nicht sagen, wie die Tatsache, dass er nachher vielleicht gestorben ist, mit dieser unbekannten Dosis zusammenh\u00e4ngt. Somit haben wir also ganze Gruppen von K\u00e4fern, die eine unbekannte Menge Bt-Protein zu sich genommen haben. Wobei aber nicht klar ist, ob das jetzt zwischen den Gruppen unterschiedlich war, und wenn ja wieviel, und auch nicht, wie gro\u00df die Unterschiede innerhalb der Gruppe also zwischen den Individuen eigentlich waren.<\/p>\n Bitter, sehr bitter.<\/p>\n Es kann daher also auch nicht verwundern, dass Schmidt et al. keinerlei Dosis-Effekt-Beziehung finden konnten: Stattdessen sind die Mortalit\u00e4tsraten (also die Sterblichkeitsraten der K\u00e4fer w\u00e4hrend des Versuchs), sehr unterschiedlich. Sie scheinen zwar scheinbar mit steigender Bt-Konzentration an, bei den h\u00f6chsten Konzentrationen fallen sie allerdings wieder ab.Komisch sowas.Verwunderlich sind auch noch die Mortalit\u00e4tsraten in den Kontrollen. F\u00fcr jedes der beiden Bt-Proteine gab es jeweils eine Gruppe von K\u00e4fern, die Nullkommanichts an Bt-Protein erhielten. Nur die L\u00f6sung, in der die Proteine verd\u00fcnnt waren. Das ist richtig so gemacht, und wichtig.<\/p>\n Merkw\u00fcrdig sind aber die Unterschiede zwischen diesen Kontrollen und einer weiteren Versuchsreihe: neben den Bt-Proteinen haben die Kollegen noch eine L\u00f6sung verwendet, in der der Expressionsvektor der zur Produktion der Proteine verwendet worden war, in unterschiedlich hoher Konzentration vorlag. Dieser Vektor sollte als m\u00f6gliche Ursache f\u00fcr die Sterblichkeit der K\u00e4fer ausgeschlossen werden. Gut und sch\u00f6n, wobei ich nie auf die Idee k\u00e4me, von einem St\u00fcckchen DNA einen Einfluss auf die Sterblichkeit zu erwarten, schlie\u00dflich konsumieren alle heterotrophen Organismen (solche also, die andere Organismen aufessen) st\u00e4ndig und seit Jahrmillionen DNA. Aber wie dem sei.<\/p>\n Auf jeden Fall tritt folgendes auf und ich komme zu Punkt 3:<\/p>\n Bei allen Konzentrationen des Expressionsvektors (auch der Nullkommanichts Kontrolle) liegt die Sterblichkeit der K\u00e4fer bei etwa der H\u00e4lfte oder weniger von der, die bei den Nullkommanichts Kontrollen der Bt-Protein Versuchsreihen auftrat.<\/p>\n Na brat mir doch nen Storch.<\/p>\n Da wird also nichts anderes gemacht, als ein und dieselbe Pufferl\u00f6sung zu verwenden, und dann gibts es Schwankungen in der Mortalit\u00e4t um den Faktor 2? Also 100% mehr? Sehr merkw\u00fcrdig.<\/p>\n Als weitere Fehler fallen in der letzten Tabelle einige Werte auf, mit der die Autoren wahrscheinlich die Bedeutung ihrer Arbeit aufh\u00fcbschen wollten.<\/p>\n Dort wird mit Verweis auf die Konzentration von Bt-Protein in Maispollen argumentiert, dass Marienk\u00e4fer in der freien Wildbahn durchaus vergleichbare Konzentrationen dieser Bt-Proteine aufnehmen, wie in der Studie verwendet wurde.<\/p>\n Dumm nur, dass wir wie oben geschrieben gar nicht wissen, wieviel Bt-Protein \u00fcberhaupt konsumiert wurde. Wir wissen nicht mal, wieviel Futter die K\u00e4ferlarven konsumiert haben, wobei das eigentlich noch ein weiterer schwerer methodischer Fehler ist. Schlie\u00dflich ist die Menge an aufgenommenem Futter wichtig f\u00fcr die Entwicklung der Larven und etwaige Unterschiede k\u00f6nnen einiges bewirken. Aber gut…<\/p>\n Dumm nur, dass die angegebenen Werte total \u00fcbertrieben sind. Bei MON810, der einzigen in der EU zugelassenen gentechnisch ver\u00e4nderten Linie, sind es maximal 90 ng\/g. In der Tabelle liest man einen Wert, der bei einem tausendfachen der realen Werte liegt, und offensichtlich f\u00fcr das Blattmaterial von MON810 gilt, aber nicht f\u00fcr Pollen.<\/p>\n F\u00fcr einen anderen Mais finden sich \u00e4hnliche Fehler.<\/p>\n Alles in allem: so, wie es nicht sein soll.Ich warte nur darauf, dass Greenpeace und Co. das an die gro\u00dfe Glocken h\u00e4ngen. Dann werden wieder Diskussionen losbrechen…<\/p>\n J\u00f6rg E. U. Schmidt, Cora U. Braun, Lisa P. Whitehouse, Angelika Hilbeck (2008). Effects of Activated Bt Transgene Products (Cry1Ab, Cry3Bb) on Immature Stages of the Ladybird Adalia bipunctata in Laboratory Ecotoxicity Testing Archives of Environmental Contamination and Toxicology, 56<\/span> (2), 221-228 DOI: 10.1007\/s00244-008-9191-9<\/a><\/span><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" ..hat so ihre T\u00fccken. 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