Alemannia Aachen

Heute war ich mit meinem Bruder Andor auf dem Tivoli und habe der Alemannia beim Verlieren gegen Hannover 96 zugeschaut. Den Spielbericht zur 1:4 Niederlage seitens Aachen gibt es hier.

Ich will den Spielverlauf und das Ergebnis gar nicht kommentieren, sondern vielmehr, was so an Stimmung und Meinung unter den Fans herrscht. Hinter Andor und mir, zur rechten und zur linken Seite, gab es nämlich genau die beiden sich gegenüberstehenden Fraktionen: links standen die „Realisten“, rechts standen die „Anspruchsvollen“.
Um es kurz zu machen: ich habe nach dem Aufstieg der Alemannia in die Erste Liga eigentlich nichts anderes erwartet als Kampf gegen den Abstieg. Eine Mannschaft, die zu den Topteams der 2. Liga gehört taugt nicht unbedingt für mehr als nur den Keller der 1.
Daher stand für mich fest: wenn die Alemannia am Ende der Saison nicht abgestiegen ist, wäre das ein tolles Ergebnis. Mehr zu erwarten wäre vermessen.

Und genau hier liegt das Problem: die teilweise phänomenalen Erfolge der Alemannen haben unter den „Fans“ Begehrlichkeiten geweckt und eine Erwartungshaltung geschaffen, die mit den realen Möglichkeiten des Vereins einfach nicht zu decken sind. Es fehlt das Geld für richtig gute Spieler, und die im Kader sind zwar gut, aber taugen nicht unbedingt allzu gut für die 1. Liga. Die Differenz muss durch Eifer und Kampf ausgeglichen werden. Oder durch den Support der Zuschauer.
Wenn diese aber erwarten, dass „ihre“ Mannschaft jedwede gegnerische Mannschaft „klatscht“, und mit absoluter Enttäuschung reagieren, wenn genau das nicht klappt, sieht es mit dem Support schlecht aus.

Was heute gut zu beobachten war, und anhand der Chancen und des Verlaufs des Spiels gut nachvollzogen werden konnte, ist die Tatsache, dass sich die meisten, die derzeit auf den Tivoli gehen, „prozyklisch“ verhalten: wenn das Team eine gute Leistung bringt und Tore schiesst, wird positive Stimmung gemacht, wenn sich das Team hängen lässt, Gegentreffer kassiert oder Chancen nicht verwertet, wird negative Stimmung gemacht.
Wenn die Spieler also bereits durch den Erfolg der eigenen Leistung belohnt werden, legen die Fans noch einen drauf. Wenn aber die Spieler keine Leistung zeigen oder sich kein Erfolg einstellt, werden sie von den Fans nicht gepusht, sondern ausgebuht oder -gepfiffen.
Das ging zum Ende des Spiels soweit, dass es „Frontzeck raus!“- Rufe gab und sich sogar die rechts hinter uns Stehenden beschwerten, als Andor und ich den Alemannen Beifall zollten, als sie das Spielfeld verließen.

Man muss es doch mal so sehen: die „Fans“ der Aachener müssen froh sein, dass „ihr“ Team jetzt dort steht, wo es ist. Das haben die Aachener vor allem Werner Fuchs zu verdanken, einem Jörg Berger, einem Jörg Schmadtke, nicht zuletzt einem Dieter Hecking und Spielern wie Erik Meijer oder Willi Landgraf. Alemannia hätte auch 1999/2000 Pleite gehen und sich aus dem Geschäft verabschieden können.

Die Alemannia hat viel erreicht: Aufstieg in die 1. Liga, UEFA-Pokal Teilnahme (Berichterstattung zur Alemannia sogar mal in der BBC!), Bayern München zwei mal aus dem DFB Pokal geschossen, jede Menge geile Spiele – und natürlich auch einige grottenschlechte.
Wie gerade jetzt gestöhnt, geflucht, gepfiffen und gebuht wird, geht eigentlich auf keine Kuhhaut. Es gibt einfach zu viele Leute, denen der Sinn für und der Bezug zur Realität irgendwo zwischen Big Brother, GZSZ und Vera am Mittag verloren gegangen zu sein scheint…

One Response to “Alemannia Aachen”

  1. Cubi sagt:

    Du solltest Sport Reporter werden! Oder Trainer der Alemannia.
    🙂
    Auch wenn ich kein Fussball gucke triffst du da den Nagel auf den Kopf und sowas ähnliches ist mir immer mit den Bayern Fans .
    Wenn die früher gut gespielt hatten trug man Bayernschals und wenn nicht dann Borussia oder einen anderen Verein der gut gespielt hatte.
    Hauptsache „ihr“ Verein hat am Wochenende gepunktet.
    So ähnlich ist das wohl inzwischen mit Alemannia da die etwas näher an „Aachen un Umgebung“ dran sind wie Bayern (für die echten Pseudofans die einfach nur einen Verein haben wollen der fast immer punktet) oder die Vereine aus dem Pott und Köln die zumindest noch westphälischen Lokalpatriotiusmus entstammen könnten.