Nach dem Amoklauf in Emsdetten wurde natürlich schnell wieder ein Schuldiger aus dem Hut gezaubert: die sogenannten „Killerspiele“.
Spiele, die Kinder und Jugendliche angeblich zur Gewalt, zum willkürlichen Töten von Menschen verführen.
Aber was ist dran an dieser Behauptung? Können denn Spiele bei jungen Menschen die Grenze zwischen Virtualität und Realität dermaßen verwischen lassen, dass sie glauben, alles in der realen Welt so tun zu können, wie sie es in der vom Rechner dargestellten Welt tun?
Wird durch das Spielen von Ballerspielen wie Counterstrike wirklich die Hemmschwelle für Gewalt – auch direkte körperliche – herabgesetzt?
Aus meiner eigenen Erfahrung als Spieler – ja, auch von durchaus blutigen und Gewalt sehr exzessiv darstellenden – Computerspielen, kann ich nur folgendes festhalten:
Einem Spieler ist immer klar, wo die Realität aufhört, und die virtuelle Welt beginnt. Es ist einem Spieler auch immer klar, dass er sich in der realen Welt nicht so grenzenlos verhalten kann, wie in manchen virtuellen Welten.
Zumindest ist das jedem Spieler klar, der eine halbwegs „normale“ Persönlichkeitsentwicklung durchgemacht hat und generell zwischen realer Umwelt und imaginärer innerer Welt unterscheiden kann. Wir reden hier immer noch um Spiele! Um fiktive Rahmenbedingungen – auch wenn die neuesten Spiele sehr realistisch daherkommen.
Wenn man überdies in einem familiären Umwelt aufwächst, das einen als Menschen trägt, in dem man Menschlichkeit lernt und praktiziert, wenn man richtige Freunde hat, die sich für einen interessieren, die am Leben Anteil nehmen, wenn man als Individuum wahrgenommen und geachtet wird, gefordert und gefördert wird, dann wird man nicht gewalttätig. Dann läuft man nicht einfach so Amok und erschießt andere. Dann kennt man den Wert von Leben und weiss das Leben anderer zu achten.
Bastian, der 18.jährige Amokläufer, scheint genau dieses Umfeld nicht gehabt zu haben. Weder in seiner Schule und mit seinen Mitschülern, noch in seiner Familie, oder in Vereinen. Die Perspektivlosigkeit, Verbitterung, Geringwertigkeit und die Abscheu gegenüber der realen Welt, die aus seinen Worten herausgelesen werden können, sprechen in meinen Augen Bände.
Die Killerspiele waren vielleicht bloß ein Weg für ein, ein Gefühl des Selbstwertes und der Selbstbestimmung zu erlangen, auch Bestimmung und Dominanz über andere. Wenn er sich schon so gefühlt hat, dass er immer nur „der Dumme für andere“ war, ist das vielleicht sogar verständlich. Dann muss aber etwas Grundlegendes schief gelaufen sein. Und das schon sehr lange.
Die Killerspiele waren zu seiner Tat sicherlich nicht der Anlass. Vielleicht haben sie ihn aber dazu verleitet, sich noch mehr abzusondern. Das will ich hier nicht ausschließen. Aber auch hier hätten andere Menschen einschreiten und etwas gegen seine zunehmde Isolation tun können.
Viel interessanter und schwerwiegender ist in meinen Augen: er hatte sich die Waffen scheinbar „aus dem Web“ besorgt. Darüberhinaus hatte er ja auch scheinbar einen Termin vor Gericht. Wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.
Warum zum Teufel hatte er diese Waffen überhaupt? Warum zum Teufel hatte er sie immer noch? Wieso konnte er scheinbar so einfach an Waffen und Sprengstoff herankommen?
Das sind die Fragen, die genau geklärt und beantwortet werden sollten. Und hier haben Politik, Polizei und erst recht das familiäre Umwelt versagt.
Counterstrike und andere Baller- oder „Killerspiele“, die USK, wie sollen sie daran Schuld tragen?
Aber das sind nur meine 0,02 EURO.